Aufschieberitis besiegen
Sind Sie ein Deadline-Junkie?
Kennen Sie das: Obwohl das Meeting seit langem terminlich fixiert ist, arbeiten Sie Ihre Präsentation erst auf den letzten Drücker aus. Deadlines für die Abgabe von Manuskripten schauen Sie mutig ins Auge, lassen den Feind erst mal näher kommen, bevor Sie in letzter Minute in Hektik verfallen und aktiv werden. Und manches wichtige Projekt bleibt gar seit Monaten oder Jahren unerledigt, da man keine unmittelbaren Konsequenzen fürchten muss, wenn es ein ums andere Mal zu erneuten Verschiebungen kommt.
Doch häufig sind die Folgen subtiler: Das eigene Ansehen und sogar die Karriere können in Mitleidenschaft gezogen werden. Und vielfach leidet auch die Effektivität strategischer Publikationsvorhaben darunter – wir erleben das bei KAMACO regelmäßig. Autoren müssen mehrfach angemahnt werden, geplante Publikationstermine platzen, die Ergebnisse bleiben hinter den Möglichkeiten zurück, weil die Zeit für die nochmalige Überarbeitung fehlt, …
Deadline-Junkies lieben die Herausforderung, alles auf die letzte Minute erledigen zu müssen – oder zumindest geben sie es vor. Doch sie verschließen die Augen vor den Folgen. Und Aufschieberitis kann auch chronisch sein und sogar ein Krankheitsbild darstellen. In besonders schweren Fällen von Prokrastination raten Experten zu einer Therapie.
Typische Symptome bestehen darin, dass man unwichtige Tätigkeiten wichtigen und dringenden vorzieht. Übrigens durchaus bewusst und nicht nur aufgrund von falscher Bewertung. Die zwar wichtigen, aber unerledigten Dinge werden häufig als lästig empfunden. Aber auch Komplexität und unklare Spezifikationen werden immer wieder als Gründe für Aufschieberitis genannt.
Klar: Wer eine Tätigkeit nicht interessant empfindet oder Prozess und Zielvorgaben nicht verinnerlicht hat, wird immer etwas anderes finden, das gerade ja auch getan werden muss und mehr „Spaß“ macht. Gute Planung ist daher genauso wichtig wie eine möglichst klare Vorstellung vom Endresultat. Das ist auch das zentrale Problem vieler Autoren:
- Der Schreibprozess ist wenig strukturiert.
- Das Publikationsprojekt erscheint vom Umfang her gewaltig.
- Vielfach sind die Detailziele unklar – es fehlt eine exakte Abgrenzung.
Wer als Autor strategisch publizieren möchte (oder muss), sollte sich seiner Aufschieberitis daher bewusst stellen. Deadline-Junkies sind häufig eben nicht Helden des Alltags, sondern immer dem Termindruck ausgesetzt und so immer gehetzt. Wichtig ist es, Publikationsprojekte von Beginn an gezielt zu planen:
- Die Gesamt-Publikation wird in überschaubare Abschnitte (Kapitel) zerlegt – so wie jeder, der an Aufschieberitis leidet, seine Projekte in überschaubare Teilprojekte untergliedern sollte.
- Für jedes Teilprojekt, also jedes Kapitel, werden klare Ziele festgelegt:Was soll das Kapitel leisten, was wird am Beginn des Kapitels vorausgesetzt, was soll vermittelt werden, was ist die Leistung des Kapitels für den Leser?
- Apropos Leser: Ohne eine klare Vorstellung davon, wer der prototypische Leser ist, muss das Projekt immer diffus bleiben – es ist also wichtig zu wissen: Für wen schreibe ich?
- Aber auch der Schreibprozess selbst sollte gut geplant sein – und es muss genügend Zeit (und auch Ruhe) dafür eingeplant sein. Wer glaubt, er könne neben Tagesgeschäft und Familie ein Publikationsprojekt „reinquetschen“, der liefert seiner eigenen Aufschieberitis von Anfang an Nahrung.
Zudem sollte man auf Abwechslung bauen. Jedes Vorhaben, das sich über einen längeren Zeitraum hinzieht, wird rasch eintönig. Routine kann helfen, die Effizienz zu steigern und Ablenkungen vorzubeugen („Jeden Tag zwischen 10 und 12 mindestens 2,5 Seiten am aktuellen Kapitel schreiben.“) – aber sie sollte von anderen Tätigkeiten unterbrochen werden, um Eintönigkeit vorzubeugen. Also nie: „In den kommenden 4 Wochen jeden Tag zwischen 8 und 16 Uhr jeweils mindestens 7 Seiten schreiben.“ Das würde jeden abschrecken.
Die Abwechslung ist quasi die Belohnung dafür, sich mit der weniger angenehmen Aufgabe beschäftigt zu haben.
Und natürlich sollte man auch die Arbeitsumgebung optimal gestalten und die Prozesse – auch unter Zuhilfenahme technischer Möglichkeiten – möglichst sinnvoll, effektivitätssteigernd und ablenkungsarm gestalten. Aber das ist mindestens Stoff für zwei weitere Artikel…