Multitalent Self-Publishing-Autor
Amazon versteht es hervorragend, die E-Book-Verkäufe für den Kindle im rosigsten Licht zu präsentieren. Fast könnte man glauben, es werden gar keine gedruckten Bücher mehr verkauft. Und bei all diesen Erfolgen sind natürlich auch die Self-Publishing-Bestsellerautoren nicht weit.
Kein Wunder, dass sich immer mehr Autoren überlegen, auch mal das Abenteuer „Self-Publishing“ auf dem Kindle einzugehen. Es scheint auch ganz einfach: Bei Amazon einen KDP-Account erstellen (kostenlos), ein Manuskript ein wenig aufbereiten (im Wesentlichen die Formatierungen reduzieren und vereinfachen), die Datei hochladen, ein paar Metadaten eingeben – fertig! Und wer sich nicht in die Hände von Amazon geben will, findet auch viele andere Optionen, die den großen Erfolg mit dem eigenen E-Book versprechen.
In der Praxis ist es allerdings dann doch nicht ganz so einfach. Um überhaupt eine Chance zu haben muss der angehende Self-Publishing-Autor zum Multitalent werden. Im Grunde muss er (oder sie) die gesamten Funktionen übernehmen, die normalerweise ein Verlag übernimmt und koordiniert. Dazu gehören:
- Die kritische Prüfung des Projekts: Die Eingangsprüfung im Verlag hat durchaus seinen Sinn. Und auch, wenn es vielen Autoren nicht gefällt, sind viele Projekte am Markt einfach chancenlos. Wer diese Marktanalyse nicht akribisch durchführt, produziert in der Regel am Bedarf vorbei. Eine gute Marktkenntnis ist also wichtig!
- Das Lektorat: In der Regel hat das Lektorat die Aufgabe, das Manuskript strukturell und inhaltlich zu prüfen und Hinweise für die Optimierung zu geben. Stimmt schon: In vielen Verlagen ist diese Funktion in den vergangenen Jahren immer weiter reduziert worden. Aber gerade als Self-Publishing-Autor haben Sie ein vitales Interesse, diese Funktion ernst zu nehmen. Bei dem fertigen E-Book können Sie später nämlich nicht mehr die Verantwortung für Ungereimtheiten auf Dritte abschieben – Sie stehen dafür gerade, mit Ihrem Namen als Marke! (Und wenn Sie nicht sehr erfahren als Autor sind, dann lagern Sie das Lektorat besser aus.)
- Das Korrektorat: Hier geht es um die korrekte Schreib- und Ausdrucksweise. Zwar hat Ihr Textverarbeitungsprogramm eine Rechtschreibprüfung, aber die ist alles andere als perfekt. Und wenn Sie Begriffe in wechselnden Schreibweisen verwenden oder entgegen der üblichen Wortbedeutung, dann merkt das kein Automatismus. Übrigens: Auch die grammatikalische Korrektheit gehört sichergestellt.
- Die Titelfindung: Natürlich wissen Sie schon längst, wie Ihr E-Book heißen soll. Aber ist der Titel auch markt- und zielgruppenadäquat? Und mehr noch: Ist er nicht bereits in Verwendung oder irgendwie geschützt? Bei der Titelwahl entscheidet sich nicht nur, ob die Zielgruppe Ihr E-Book wahrnimmt, sondern auch, ob Sie keine unliebsamen Schreiben von Rechtsanwälten bekommen.
- Die Grafiken: Schon bei der Erstellung und Konvertierung von Abbildungen für ein E-Book sind zahlreiche Aspekte zu berücksichtigen. Das Display der meisten E-Book-Reader ist recht klein und hat eine geringe Auflösung, eInk-Geräte wie der Kindle zeigen zudem nur Graustufen an. Noch wesentlich wichtiger als die Abbildungen ist allerdings das Cover. Und Ihr E-Book braucht ein interessantes, aussagekräftiges und gut gestaltetes Cover. Da das Cover quasi die Visitenkarte Ihres E-Books ist, reicht es nicht aus, ein Grafikprogramm so weit bedienen zu können, dass schließlich irgendeine rechteckige Grafik herauskommt. Und auch die erhältlichen Templates und Cover-Generatoren ersetzen fehlendes Know-how nicht.
- Der Legalitätscheck: Da Sie als Autor komplett verantwortlich für alle Inhalte sind, ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass alle Materialen, Zitate, Abbildungen usw. tatsächlich verwendet werden dürfen und die Quellen genannt sind. Zudem darf das E-Book auch keine verleumderischen oder grob falschen Passagen beinhalten, da Sie ansonsten haftbar sind.
- Die Formatierung und Konvertierung des Manuskripts: Was beim gedruckten Buch die Aufgabe des Setzers ist, scheint bei der E-Book-Produktion auf den ersten Blick wegzufallen. Amazon beispielsweise nimmt Dateien im DOC-Format an und konvertiert sie automatisch in das Kindle-Format. Aber das Ergebnis ist häufig suboptimal. Und schon das DOCX-Format von Word wird nicht unterstützt. Bessere Ergebnisse erreicht man mit MOBI-Dateien, aber um diese problemlos zu erstellen, braucht der angehende Self-Publishing-Autor eine Menge technisches Verständnis und Wissen. Natürlich können Sie ausschließlich in Word arbeiten – aber auch hier gibt wieder, dass Sie für das Gesamtergebnis mit Ihrem Namen stehen und niemand anderen verantwortlich machen können.
- Die Metadaten: Das Manuskript ist fertig formatiert, das Cover steht bereit. Doch beim Hochladen wollen Amazon und Co. eine Menge weiterer Angaben zur Publikation haben. Haben Sie beispielsweise eine ISBN für das E-Book beantragt? Wer soll alles (und in welcher Schreibweise) als Autor, Co-Autor und sonstiger Beteiligter genannt werden? In welchen Kategorien soll das E-Book gelistet werden? Und schließlich: Wie lautet die Buchbeschreibung? Gerade letztere sollte nicht auf die Schnelle heruntergeklopft werden, sondern im Hinblick auf Zielgruppe und mögliche Suchbegriffe getextet werden. Am besten von einem guten, erfahrenen Texter – denn wie eine Werbebroschüre soll der Text auch nicht klingen.
- Die Preisfindung: Sie haben die freie Wahl – irgendwo zwischen null und zweihundert Euro sollte sich der Preis für Ihr E-Book bewegen. Der Preis entscheidet nicht nur über die Marktakzeptanz, sondern auch die Höhe Ihrer Einnahmen pro verkauftem Exemplar.
- Die Promotion-Strategien: Selbst wenn das E-Book bei Amazon und Co. gelistet ist, verkauft es sich nicht von selbst. Jetzt gilt es, die Werbetrommel zu rühren. Der Marketer und Networker in Ihnen ist gefragt! Unter Umständen müssen Sie Pressearbeit machen, Belegexemplare verteilen und vieles andere mehr.
- Der Support: Sind Sie darauf vorbereitet, dass sich Käufer mit Fragen, aber auch mit Anregungen und Beschwerden an Sie wenden? Wie reagieren Sie, wenn jemand sein Geld zurückfordert? Wie erreichbar und präsent sind Sie überhaupt für die Leser und Käufer?
- Updates: Bei einem Verlagsprojekt sind Sie als Autor weitgehend erlöst, sobald das Buch die Druckerei verlässt. Bei Ihrem Self-Publishing-Projekt aber müssen Sie selbst die Katalogdaten pflegen und beispielsweise um Besprechungen ergänzen. Anders als bei gedruckten Büchern können Sie bei E-Books auch die Inhalte selbst recht problemlos aktualisieren. Je nach Thema bedeutet das, dass Sie auch in Zukunft immer wieder mit dem E-Book beschäftigt sein werden.